80. Jahrestag der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau
Im Rahmen einer Unterrichtsreihe in einem der beiden Deutsch-Grundkurse der MSS 12 zu Art Spiegelmans Graphic Novel „MAUS“ kam vergangene Woche die Frage nach der Bedeutung des jährlichen Holocaust-Gedenktages am 27. Januar für heutige Jugendliche auf. Da den allermeisten im Kurs dieses Datum als Tag der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau durch die Rote Armee im Jahr 1945 nicht geläufig war, standen der Gedenktag und die Erinnerung an die Verbrechen der Nationalsozialisten an den europäischen Juden heute im Zentrum des Unterrichts.
Der Beitrag „Das Wissen um den Holocaust schwindet – Eine Studie der Jewish Claims Conference” von Karin Fischer und Rüdiger Mahlo, gesendet von Deutschlandfunk Kultur am 23. Januar 2025, führte als Einstieg vor Augen, dass es in der Generation der 18- bis 29-Jährigen um das Wissen über den Holocaust schlecht bestellt ist, selbst wenn Deutschland international vergleichsweise gut abschneidet. Mit Blick auf die Karte auf der Rückseite des Covers der Graphic Novel „MAUS” konnte sich der Grundkurs aber rasch einen Überblick über die weiteren großen Vernichtungslager neben Auschwitz-Birkenau verschaffen. Um gegen Holocaust-Leugnung und Verharmlosung – leider ein zunehmend verbreitetes Phänomen auf Social-Media-Kanälen – gewappnet zu sein, sollte das Wissen über die Shoa wachgehalten werden.
Als Meilenstein der Literaturform Graphic Novel gilt Art Spiegelmans 1986 erschienenes, 1992 mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnetes „MAUS. Die Geschichte eines Überlebenden”, worin Spiegelman die Geschichte seines Vaters Vladek, der Auschwitz überlebt hat, aus der Perspektive der zweiten Generation erzählt und dabei zu einem außergewöhnlichen Mittel der Bildsprache greift, indem er die ideologische Hetze der Nationalsozialisten, die Juden seien Ungeziefer, aufgreift und die Juden als Mäuse, und in Konsequenz die Nazis als Katzen zeichnet. In der Rahmenhandlung befragt das Alter Ego Spiegelmans den Vater nach dessen persönlichem Erleben der Diskriminierung und Verfolgung der polnischen Juden nach 1939. Vladeks Erinnerungen werden in der Binnenhandlung lebendig.
Die Schüler:innen bearbeiteten heute mittels einer digitalen Pinnwand auf Taskcards selbstständig Fragestellungen zum sozio-historischen Kontext der Graphic Novel, dem jüdischen Leben in Polen in der Zwischenkriegszeit mit seiner vielschichtigen und lebendigen Kultur, dem familiären Hintergrund der Familien Spiegelman und Zylberberg und dem Charakter des Vaters.
Es ist sicherlich eine Leistung der Graphic Novel, dass Spiegelman die Überlebensgeschichte des Vaters nicht als „Heldengeschichte” schreibt, so ein Schüler des Kurses, sondern ihn authentisch als Menschen mit Ecken und Kanten darstellt, der im Alter zunehmend starrsinnig, anstrengend und kauzig wird. Der Vater als lebenslang traumatisierter KZ-Überlebender wird nicht zum Engel, der ausschließlich Mitleid verdient, weil er Schlimmstes erlebt hat, sondern bleibt menschlich – und gerade darin liegt der Reiz der Auseinandersetzung mit dieser komplexen Figur und deren Geschichte.
„MAUS ist eine wichtige und gute Graphic Novel, welche Schüler:innen dazu bringt, sich mit dem Holocaust zu beschäftigen.”
Schülerin des GK Deutsch
Auch an die verfolgten und ermordeten Juden aus Konz und benachbarten Gemeinden im Schulumfeld wurde erinnert, indem jede:r der 21 Schüler:innen des Kurses mittels Namen und knapper biographischer Notiz eines der in Auschwitz getöteten Opfer gedachte.
Nina Kallenborn